Abschnitt 2: Das Berliner Antidiskriminierungsgesetz / Chapter 2: The Berlin Anti-Discrimination Act
Formen von Diskriminierung
Wird ein Gast wegen eines Diversität-Merkmals ungleich behandelt, kann eine Diskriminierung vorliegen. Nicht jede Form der sozialen Ungleichhandlung ist einer richterlichen Entscheidung zugänglich. Unterschiedliche Interessenlagen können es aus Gerechtigkeitserwägungen heraus vielmehr erforderlich machen, Gruppen von Menschen ungleich zu behandeln. Es muss also bestimmt werden, was Diskriminierung bedeutet, welche Formeln sie aufweist. Eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer oder mehrerer rechtlich geschützter Diversitäts-Merkmale ohne einen sachlichen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Die Benachteiligung kann ausgedrückt sein z. B. durch das Verhalten einer Person, durch eine Vorschrift oder eine Maßnahme.
Anerkannt sind im wesentlichen drei Formen der rechtlichen Diskriminierung: die unmittelbare Benachteiligung, mittelbare Benachteiligung und Belästigungen.
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person ungünstiger behandelt wird, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, ohne dass ein sachlicher Grund dies rechtfertigen würde. Z.B. möchte der Clubbetreiber keine „Türken“ als Gäste.
Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn sich dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren auf eine Personengruppe ungünstiger auswirken als auf eine andere, ohne dass dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt wäre. Anders als unmittelbare Diskriminierungen vollziehen sich mittelbare Diskriminierungen oft unbemerkt. Sie entstehen durch Regelungen, Kriterien, Einrichtungen und Verfahren, die formal für alle gleichermaßen gelten, sich jedoch einseitig an den Interessenlagen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Möglichkeiten einzelner Bevölkerungsgruppen orientieren und darum im Ergebnis überwiegend Zugehörige der anderen Gruppe schlechter stellen. Ein klassisches Beispiel, das die Ebene Betreiber:innen – Beschäftigte anspricht. Ein „Normalarbeitsverhältnis“ beschreibt eine Vollzeitbeschäftigung, die Möglichkeit von Überstunden und die Erwartung von möglichst viel Flexibilität. Arbeitsbedingungen also, die nur von denjenigen erfüllt werden können, die keine Verantwortung für die Versorgung und Unterstützung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen tragen. Werden Arbeitsbedingungen so gestaltet, dass sie sich nicht mit der Familienarbeit vereinbaren lassen, sind hiervon formal alle Beschäftigten gleichermaßen betroffen. Je mehr Familienarbeit die einzelnen leisten, umso weniger werden sie als Bewerberinnen respektive Bewerber für eine Arbeitsstelle in Betracht gezogen, umso häufiger werden sie ihre bereits aufgenommene Erwerbstätigkeit reduzieren oder aufgeben müssen. Dies sind de facto noch immer überwiegend Frauen. Arbeitsbedingungen, wie z. B. die ausnahmslose Pflicht zu Nacht- oder Wechselschichten, können auch eine mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung oder des Alters darstellen, wenn sie typischerweise von Mitarbeitenden mit bestimmten chronischen gesundheitlichen Einschränkungen nicht (mehr) erfüllt werden können.6
Eine Benachteiligung in Form der Belästigung liegt vor, wenn sozial unerwünschteVerhaltensweisen darauf gerichtet werden, die Würde eines Menschen zu verletzten, z. B. in dem ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Hierzu zählen insbesondere auch sexuelle Belästigungen.
Die UN-Behindertenrechtskonvention nennt in Art. 5 Abs. 3 eine weitere Form der Diskriminierung, die vor allem Menschen mit Behinderung vielfach daran hindert, ihre Menschenrechte zu verwirklichen: Die Vorenthaltung angemessener Vorkehrungen. Angemessene Vorkehrungen sind gem. Art. 2 der UN-BRK notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die in einen bestimmten Fall erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen und ausüben können. Angemessene Vorkehrungen zielen auf die einzelfallbezogene Beseitigung konkreter Hindernisse und sonstige Anpassung der bisherigen Bedingungen. Hier zu zählen vor allem Arbeitsbedingungen und die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes, zu der der Arbeitgeber, also Betreiber:innen verpflichtet sein können.
Mehrdimensionale Diskriminierungen sind in allen genannten Erscheinungsformen und verschiedenen Kombinationen möglich (=intersektionale Diskriminierung). Zum Beispiel kann eine Stellenausschreibung, in der „ein Barkeeper (m/w/d)“ gesucht wird, der nicht „älter als 35 Jahre“ sein darf, eine ältere Frau in zweifacher Hinsicht diskriminieren.
Welche Form der Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Herkunft schlechter behandelt wird als andere?
Was beschreibt eine mittelbare Benachteiligung?
Was sind angemessene Vorkehrungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention?
Forms of Discrimination
If a guest is treated unequally because of a diversity characteristic, this may constitute discrimination. Not every form of social inequality is subject to legal review. Rather, different interests may make it necessary to treat groups of people unequally for reasons of justice. It must therefore be determined what discrimination means and what form it takes. Discrimination in the legal sense is unequal treatment of a person on the grounds of one or more legally protected diversity characteristics without an objective reason justifying the unequal treatment. Discrimination can be expressed, for example, through a person’s behavior, a regulation or an action.
Three main forms of legal discrimination are recognized: direct discrimination, indirect discrimination and harassment.
Direct discrimination occurs when a person is treated less favorably than another person in a comparable situation without an objective reason to justify it. For example, the club operator does not want “Turks” as guests.
Indirect discrimination occurs when apparently neutral rules, criteria or procedures have a less favorable effect on one group of people than on another, without this being justified by objective reasons. Unlike direct discrimination, indirect discrimination often occurs unnoticed. It arises through regulations, criteria, institutions and procedures that formally apply equally to all, but are biased towards the interests, knowledge, skills and opportunities of individual population groups and therefore, as a result, predominantly place members of the other group in a worse position. Here’s a classic example in the dimension of operator-employee relations. A “normal employment relationship” describes full-time employment, the possibility of overtime and the expectation of as much flexibility as possible. In other words, working conditions that can only be fulfilled by those who are not responsible for the care and support of children or relatives in need of care. If working conditions are designed in such a way that they cannot be reconciled with family, this formally affects all employees equally. The more family work an individual does, the less likely they are to be considered for a job and the more often they will have to reduce or give up the employment they have already taken up. De facto, those affected are still predominantly women. Working conditions, such as the obligation to work night shifts or rotating shifts without exception, can also constitute indirect discrimination on the grounds of disability or age if they typically cannot (or can no longer) be fulfilled by employees with certain chronic health issues.
Discrimination in the form of harassment occurs when socially undesirable behavior is aimed at violating a person’s dignity, e.g. by creating an environment characterized by intimidation, hostility, humiliation, degradation or insults. This includes sexual harassment in particular.
Article 5 (3) of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (UN CRPD) mentions another form of discrimination that often prevents particularly people with disabilities from exercising their human rights: the denial of reasonable provisions. According to Article 2 UN CRPD, reasonable provision means necessary and appropriate modifications and adjustments that do not impose a disproportionate or undue burden and that are required in a particular case to ensure that people with disabilities can enjoy and exercise all human rights and fundamental freedoms on an equal basis with others. Reasonable provision targets the case-by-case removal of specific obstacles and other adjustments to existing conditions. This particularly includes working conditions and the design of the workplace, which the employer, i.e. the operator, may be obliged to provide.
Multidimensional discrimination is possible in all the aforementioned forms and various combinations (=intersectional discrimination). For example, a job advertisement seeking “a bartender (m/f/d)” who must not be “older than 35 years” can discriminate against an older woman in two ways.
What form of discrimination occurs when a person is treated worse than others because of their origin?
What is indirect discrimination?
What are reasonable provisions according to the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities?